Als sie sich Mitte der 80er zum ersten Mal begegneten, waren Elke und Frank Burgmayer nicht unbedingt begeistert voneinander. Um es diplomatisch auszudrücken: Die Sache mit der Zuneigung dauerte ein Weilchen. „Aber dann haben wir uns lieben gelernt“, schmunzelt das Ehepaar aus Gärtringen. Doch nicht nur das. Inzwischen haben die beiden zwei Kinder, die ihre Leidenschaft für fetzige Musik teilen. Im Rock’n’Roll Club Böblingen haben die vier ein zweites Zuhause gefunden.
Kennengelernt haben sich die Eltern bei einem anderen Verein. Das war damals noch in Ulm. Und obwohl Amor irgendwann mit seinen Pfeilen traf, haben sich die heute 55-Jährigen gesträubt, gemeinsam bei leistungsorientierten Turnieren das Tanzbein zu schwingen. „Das war die richtige Entscheidung“, sind sie überzeugt, „denn wir haben so viele Beziehungen gesehen, die dadurch auseinandergegangen sind.“
Bei den Twisting Grizzlies geht es am lustigsten zu
Auch die beiden Kids gehen mit anderen Leuten aufs Parkett. „Weil unsere Charaktere so unterschiedlich sind“, begründet Roxana Burgmayer, und Bruder Colin ergänzt grinsend: „Wir würden vermutlich das ganze Training über streiten – und daheim gleich weiter.“ Zudem hat der 23-Jährige ein paar Jährchen vor seiner Schwester (19) begonnen, altersmäßig passte es sowieso nicht.
Als Mama und Papa 1992 berufsbedingt nach Stuttgart zogen, wählten sie aus einer Vielzahl an Möglichkeiten die Twisting Grizzlies aus Böblingen als neue sportliche Heimat. „Bei denen ging es am lustigsten zu. Da war nicht alles so verkopft, sondern einfach lockerer“, erinnern sie sich. Etliche Jahre – „als wir noch jung und saftig waren“ – widmeten sie sich mit anderen Partnern dem Rock’n’Roll. Als erst ein Sohn und dann eine Tochter schlüpfte, schwenkten sie langsam auf Boogie Woogie um. Denn wenn man nicht mehr so regelmäßig üben kann, wird es bei ihrer ursprünglichen Disziplin gerade mit den Akrobatikelementen schwer.
Was nicht heißt, dass Elke und Frank Burgmayer die Einheiten geschwänzt hätten. „Die Kleinen haben wir regelmäßig ins Training mitgeschleppt“, erzählen sie. „Damit sie gleich mitkriegen, was für ein cooler Verein das ist.“ Wobei der Nachwuchs anfangs natürlich noch nicht selbst getanzt hat. „Ich bin durch die sichere Kinderecke gekrabbelt und habe wahrscheinlich ins Pixie-Buch gebissen“, lacht der Filius. Eines der Paare hatte stets Pause und konnte aufpassen. „Das sind die Vorteile, wenn die sozialen Strukturen so toll sind wie hier“, schwärmt sein Vater.
Vor dem Vorsitzenden immer die Pommes verstecken müssen
In diesen Kanon stimmt auch Roxana, genannt Roxy, mit ein: „Dieses familiäre Gefühl ist sehr stark.“ Die meisten RRC-Mitglieder kenne sie von klein auf, wurde von ihnen quasi miterzogen. „Vor unserem Vorsitzenden Markus Stauss musste ich beispielsweise immer meine Pommes verstecken“, frotzelt sie. Diesen spaßigen Umgang kannte sie vom Ballett und Kunstturnen nicht. Sie bezeichnet diese Sportarten als „ganz andere Welten“, die sie deshalb hinter sich gelassen hat.
Gleiches gilt für Colin Burgmayer, dessen Kunstrad-Karriere von kurzer Dauer war. „Da machte jeder sein Ding, es fehlte das Gemeinschaftsgefühl“, beschreibt er. „Außerdem musste man bei den Wettkämpfen immer mucksmäuschenstill sein“, winkt Mutter Elke ab. „Nichtmal bei der Siegerehrung durfte man schreien“, ergänzt ihr Mann. „Furchtbar!“
Sie lieben einfach die flotten Klassiker
Am Rock’n’Roll und Boogie Woogie schätzen die Burgmayers viele Dinge. Vor allem aber die Musik. Die flotten Klassiker. „Sobald wir die hören, legen die Füße automatisch los“, berichtet Elke Burgmayer. „Da können wir einfach nicht stillhalten.“ Roxana wird dann meistens ganz emotional. „Während der alten Lieder, die ich schon als Baby gehört habe, laufen bei mir oft Freudentränen“, räumt sie ein. Grundsätzlich sei sie ein eher schüchterner Mensch. Bei den Tönen von Elvis und Co. verfalle sie allerdings in einen Euphorierausch. „Das zaubert mir ein Grinsen ins Gesicht. Da vergesse ich sogar, dass mich auf der Bühne ja alle anstarren.“
Ihre gemeinsame Leidenschaft ist für die Burgmayers aus Gärtringen ein echtes Familiending. Es kann schon mal vorkommen, dass sie – bis auf Colin – allesamt ihre Klamotten aus den Fifties auspacken und zu viert zum Auftritt einer Rockabilly-Band pilgern. Da tanzt auch mal die Mama mit dem Sohn und der Papa mit der Tochter. Wie gut, dass aus der anfänglichen Abneigung der Eltern irgendwann doch noch eine Liebesgeschichte geworden ist.